Puhhh, was für ein Morgen. Wir haben IHN getroffen. Enrico C. unsere ganz persönliche Vorstadt-Geißel.
Ihr erinnert Euch doch noch an Enrico C., den (kalb)Großen Schweißer Sennenhund mit dem abrissbirnengroßen Schädel (lies mal hier). Finleys Todfeind? Seit sieben Jahren wohnen wir und Enrico C. nun schon in einer Straße. Zwar ist bis jetzt immer irgendwie alles gutgegangen, trotzdem ist in dieser Zeit leider nur ihre Feindschaft gewachsen.
Begegnungen mit dem Riesen aus Nummer 33a unseres Vorstadtringes verlaufen grundsätzlich und ohne Ausnahme unerfreulich – freundlich ausgedrückt. Treffender wäre es zu sagen, dass jede Begegnung wie russisches Hunderoulette ist….
Am Anfang habe ich noch versucht, mich mit seinem Frauchen, der Bruni, abzusprechen. Ich habe ihr verschiedene Vorschläge gemacht, wie wir die Situation gemeinsam entschärfen könnten. Schließlich mache ich sowas ja beruflich. Aber diese Gespräche waren fruchtlos – auch freundlich ausgedrückt. Hier mal ein kleines Beispiel.
Ich: „Wollen wir unsere Hunde nicht beide anleinen, wenn wir uns sehen?“
Bruni: „Wieso denn, den könnte ich im Zweifel sowieso nicht halten.“ Und ich denke still, Selbsterkenntnis muss also nicht immer der erste Schritt zur Besserung sein.
Ich: „Ihr könnt’ Enrico C. nicht immer so weit vorlaufen lassen, so dass wir quasi allein auf ihn treffen.“
Bruni: „Der Hund braucht aber seinen Auslauf!“ Empörung schwingt in ihrer Stimme mit. Und ich denke still, er braucht auch Frischfleisch. Warum müssen das immer wir sein? Bruni ergänzt dann wahlweise: „Bin sowieso nicht so gut zu Fuß, habe a. Rückenschmerzen; b. Knieschmerzen; c. Bandscheibenvorfall; d. Kopfschmerzen…“ Oder wie ich still hinzufügen möchte, e. …habe ohnehin null Einfluss auf den Hund.
Ich: „Bleibt doch auch mal stehen, wenn Ihr uns seht, damit wir sicher vorbeigehen können.“
Bruni: „Was soll das denn bringen?“ Und ich denke still, Sicherheit, Frieden, Gutes Karma….
Laut sage ich: „Na, vielleicht beruhigen sich beide Hunde, wenn wir außer Sicht sind…“
Bruni: „Nö, unserer nicht, der ist dann den ganzen Tag schlecht drauf… Und überhaupt, das Problem hat er nur mit Deinem, den findet er doof.“ Und ich denke still und mit Gonzo, Leo, Oskar, Enzo, Eros, Paule auch.
Ich, jetzt etwas genervt: „Na dann kann man da wohl nichts machen, oder? “
ENDE DER UNTERHALTUNG!
Inzwischen lösen Aufeinandertreffen mit Enrico C. bei mir Fluchttendenzen ungeahnten Ausmaßes aus. Was das Ausleben meiner Überlebensinstinkte betrifft, beschreite ich inzwischen hochkreative Wege. Neulich auf unserem Garagenhof, wir wollten gerade raus und Enrico C. kam gerade nach Hause *wieunpassend und sein Frauchen war …. tja, wer weiß das schon??? Enrico C. kam, sah uns und geiferte los. Hektisch sah ich mich um. Wir brauchten einen sicheren Ort, bitte jetzt … einen Zaun hinter dem wir in Deckung gehen können, ein Schuppen, ein CIA-Safehouse … irgendetwas, bitte!!! Martins Garage! Sie war offen. Wir nichts wie rein und das Tor hinter uns zugezogen. Mit einem lauten Scheppern knallte das Tor herunter und dann hörte ich, wie das Torschloss mit einem fiesen „Grrritsch“ einrastete.
Da standen wir nun. Eine erwachsene Frau mittleren Alters und ihr Rüde, allein in der Dunkelheit einer Sechziger-Jahre-Retro-Garage, in der sie kein Hausrecht hatten. Und vor dem Tor ein heulender, ponygroßer Höllenhund, der frische Beute witterte.
Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, meine Gehirnfunktion fand wieder zu ihrer Normaleinstellung zurück. Ich sah einen Schalter an der Wand und dachte, was soll’s ich drück mal. In der nächsten Sekunde war die Garage hell erleuchtet. Wir sahen uns um. Martin war offenbar einer dieser Wochenendbastler, der seine freie Zeit lieber mit kaputten Fahr- und Motorrädern in seiner Garage verbrachte als mit der Familie im schmucken Reihenhaus. Offenbar hatte seine Bastelleidenschaft nicht für die Installierung eines Öffnungsmechanismus gereicht, der es möglich machte das Tor von innen zu öffnen. Frustriert nahm ich auf einer ausgeschlachteten Vespa Platz. „Tja Finley“, sagte ich, „schöner Mist.“
Da klopfte es und Brunis Stimme erklang durch das blecherne Tor. „Birgit? Alles okay?“
Ich: „Hmmm, alles super. Danke.“ *seufz
Bruni: „Soll ich Euch mal rauslassen?“ Echt jetzt, sie wollte das Tor öffnen? Zusammen mit ihrem blutrünstigen Rüden? Im Hintergrund knirschte Enrico C. mit seinen Zähnen. Es hörte sich an, als würde er einem Wildschweineber das Genick zermalmen.
Ich: „Och nö Du, geh mal nach Hause. Ich hab’ noch was zu tun.“ *Kopfschüttel
Bruni: „Was denn?“
Ich verdrehe die Augen: „Ich sortiere gerade meine Schrauben, besonders die lockeren … das kann dauern!“
Bruni: „Ach so, na dann mal bis zum nächsten Mal.“ NEIN, bitte nicht, nada, niemalswieder, schrie eine Stimme in mir. Wenn es für IQ-Verlust Prämien gäbe, würde Bruni jedes Jahr den Hauptpreis abräumen. Irgendwie musste ich jetzt einen eleganten Weg finden – ohne Gesichtsverlust – aus dieser Garage herauszukommen. Finley hatte es sich längst auf einem Haufen schmieriger Putzlappen bequem gemacht. Sein skeptischer Blick schien zu sagen, Du hast uns hier reingebracht, also sieh’ zu, dass Du uns hier wieder raus bringst.
Da hörten wir ein unterdrücktes Kichern: „Hallohooo… Pfmffffhihihiii…? Ihihihiiist dahahaha jepfffmpfmand?“ Das war Martin, der Garageninhaber. Okay das „ohne Gesichtsverlust“ konnte ich jetzt wohl streichen.
Ich antwortete: „Ja, ich bin’s – Birgit. Ähm, also Finley ist bei mir. Wir mussten hier mal schnell rein … öh, so fluchtmäßig…“
Martin: „Ahaaaaahahaa! Ja, dann will ich Euch mal rauslassen.“ Peinliche Momente wie diese, versuche ich oft mit ausgesuchter Höflichkeit zu überspielen und sagte: „Ja bitte, das wäre außer ordentlich nett.“ Das Tor klappte hoch. Martin stand vor mir und hatte diesen Papi-hilft-Dir-jetzt-aus-der-Patsche-Blick aufgesetzt. „Willst Du drüber reden“, fragte er und grinste breit. „Nö, bloß nicht“, antwortete ich. „Bleibt alles unter uns“, sagte er gönnerhaft und legte den Arm um meine Schultern. Ich habe das mal tapfer weggesteckt. Bis heute habe ich niemandem davon erzählt – außer Euch – naja, es bleibt ja unter uns….
NACHTRAG
Natürlich gibt es auch Große Schweizer die unproblematisch sind. Wir selber sind mit zweien und deren Haltern befreundet. Diese Hunde sind top erzogen, werden aber anders gehalten. Sie leben auf einem Biohof und haben dort ihre Aufgaben.
Fairerweise muss man sagen, dass es in unserer Gegend auch Hundehalter gibt, die zusammen mit Enrico C. und seinem Frauchen spazieren gehen. Meistens nur einmal, aber immerhin. Ich sehe auch, dass der Hund eigentlich keine Schuld daran hat, dass er nicht gelernt hat mit anderen Hunden zu spielen, nicht gut sozialisiert ist und wirklich null Erziehung hat. Das sind die Versäumnisse seiner Halter. Das nützt Finley und mir nur überhaupt nichts, wenn es zu so einem unsäglichen Aufeinandertreffen kommt. Es ist schlicht gefährlich für uns. Ja ich sage uns, weil Enrico schon lange entschieden hat, dass er im Zweifel nicht nur gegen seinen Hundesparringspartner vorgehen darf, sondern auch gegen die dazugehörigen Menschen. Aber das wird mal eine andere Geschichte….
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