Pummel-Alarm im Hundekorb
Da sitzt er nun vor mir. Mit Augen, so groß und rund und herzerweichend wie die von Bambi. Er will doch nuuuur etwas Kefir, nur die Reste, biiiiiitte!
Aber ich muss hart bleiben, denn wir haben Pummel-Alarm im Hundekörbchen. Finley und ich waren bei unserer Tierärztin. Eigentlich waren wir nur zum Impfen da (ja, wir machen das). Unsere Tierärztin warf Finley einen prüfenden Blick zu und stutzte: „Wieviel wiegt Finley heute? Ich frage nur wegen der Dosierung.“ Und an Finley gewandt: „Hast n’ büschen viel auf den Rippen, was? Hat Frauchen es zu gut gemeint mit Dir?“
Zuerst war ich etwas irritiert, doch dann musste ich zugeben, er hatte sichtbar zugelegt.
Stramme *hüstel 40 Kilogramm brachte er dort auf die Waage. Das waren 4 Kilogramm über seinem Idealgewicht. Wow, wie konnte das denn passieren? Zum ersten Mal in seinem Leben war mein Hund übergewichtig. Und das, obwohl ich immer noch überzeugt davon war, dass er ausreichend Bewegung bekommen hatte und trainiert worden war.
Von diesem Moment an war Finley auf Diät. Und ich? Ja, ich musste mal ganz selbstkritisch Ursachenforschung betreiben. Eigentlich bin ich gar nicht so ein „Reinstopffrauchen“. Leckerchen beim Training, na klar, aber dann hatte ich die die Futterration des Tages entsprechend reduziert.
Aber ich wollte ja ehrlich bleiben. Wenn ich zuhause bin, ist Finley mein kleiner Schatten. Wo ich bin, ist er nicht weit. Ich will nicht sagen, dass er mich ständig unter Wind gehabt hat, aber spätestens, wenn ich anfing zu kochen, bekam sein Verhalten etwas Stalkerresques. Dann lag er auf dem Fußboden und zwar mitten im Weg.
Ich brauchte nur einen Becher Joghurt oder Kefir zu öffnen und er ging in Position. Er gab keinen Laut von sich, das wäre unter seiner Würde gewesen. Es waren diese stillen, intensiven Blicke, die er mir zuwarf. Sie sagten mir, “Tue das Richtige, Frauchen. Wir sind doch Kumpels. Du kannst mich doch nicht leer ausgehen lassen?“. Und – ich knickte ein, jedes Mal. Ich hielt Finley den Becher hin und er durfte ihn ausschlecken. Ich geriet in Verzückung – mein Gott, sah der süss aus, wenn er das machte – jaaaa, ich war schwach….
ABER DAMIT IST JETZT SCHLUSS!!!
Erst recht seit ich weiß, dass meine Töchter und mein Mann es auch so gemacht haben. Von Mausi bekam er Wurstenden, von Motte ein Stück Käse und der liebe Gatte hat meinen Hund auf Mozzarella angetriggert.
Und dann ist da noch meine Mutter. Die Kalaschnikow unter den Leckerli-Verteilern. Kaum hatte sie mein Haus betreten, ging es los. Da kam kein: Hallo Tochter, wie geht es Dir heute? Oh, nein. Innerhalb einer Nanosekunde verschwand sie aus meinem Sichtfeld und beugte sich zu meinem Hund herunter (erstaunlich tief für eine 82jährige). Dann folgte nach einmaligem Luftholen, so etwas wie ein Begrüßungs-Poetry-Slam für Rentner: “Na-mein-Süsser-Junge-wie-geht-es-Dir-denn-heute-so-haben-sie-Dich-denn-auch-gut-behandelt-guuut-dass-die-Oma-jetzt-da-ist-und-nach-dem-Rechten-sieht-hast-Du-vielleicht-Hunger-mein-seuten-Jung’-jaaaa-ich-freu’-mich-auch.“ Während mir schon beim Zuhören die Puste ausging, schien meiner Mutter so etwas wie Sauerstoffmangel nichts auszumachen. Atmen wird echt überschätzt, dachte ich.
Während meine Mutter ihre Beschwörungsformel herunterbetete schaffte sie es, bei jeder gesprochenen Silbe ein fettes Leckerchen aus der Hüfte zu schießen. Und alle landeten in Finleys bereitwillig, aufgerissenem Maul. Einmal ‚Hallo’ sagen und die Tagesration an Futter war abgearbeitet. Danke Mama! Aber auch damit ist jetzt Schluss – jedenfalls, wenn ich schnell genug bin, um es zu verhindern.
Zum ersten Mal, seit ich meinen Hund füttere, wog ich sein Futter für jede Mahlzeit korrekt ab. Wir stellten einen Fitnessplan auf. Mein Gatte wurde dazu verdonnert zweimal die Woche einen Radausflug mit unserem Hund zu machen. Die Mädchen wechselten sich ab bei Zerr- Zug- und Sonstnochwas-Spielen. Und Finley und ich machten Meile, Tag für Tag. Wäre doch gelacht, dachte ich, wenn wir den Brummer nicht wieder schnittig hinbekommen.
Das Programm läuft jetzt seit zwei Wochen und zeigt Wirkung. Inzwischen war Finley schon wieder auf der Waage und wir haben sein Idealgewicht fast erreicht. Na dann …. schieben wir den nächsten Besuch bei meiner Mutter wohl noch so lange heraus, bis das letzte, überflüssige Kilogramm verschwunden ist. Denn wie ich meine Mutter kenne, hat sie die Leckerchen schneller nachgeladen, als ich nein sagen könnte. Und dem Beschuss einer Kalaschnikow wirft man sich ja nicht in den Weg, oder?
Liebe Birgit, ich könnte mich kringeln vor Lachen beim Lesen deines wundervollen Artikels und gleichzeitig kommen da diese Erinnungs-Flashs in meinen Kopf. Vom „Gib-gerne-Blick“ meines Hundes (die dicken Backen eingezogen, damit sein Kopf schmaler wirkte) und der schrecklichen Inkonsequenz meiner Familie (und auch von mir), die deiner in nichts nachstand. Doch ich denke, ihr seit auf einem guten Weg – in die nächste Freibad-Saison 😉
Ja Susanne,das haben wir bei Finley schon fast geschafft. 😀 Ob ich das bis zum Sommer schaffe – who knows? Danke für Deine netten Worte <3