Kind & Hund – Mit Vertrauen und Respekt durchs Leben
Leitfaden für Eltern, Kinder und Hundehalter ohne Kinder
Als Finley vor zehn Jahren bei uns eingezogen ist, wurde mir sehr schnell klar, dass ich nicht nur diesen wuseligen Welpen erziehen musste, sondern auch meine Kinder und *hüstel meinen Mann, die Nachbarn, die Nachbarskinder, Radfahrer, Nordic Walker und die Rentner aus der Vorstadt und, und, und …
Die Idee, dass ein Hund bei mir einziehen sollte, fanden letztlich alle super – allerdings nur wenn er keine Arbeit machen würde oder Schmutz hereintragen würde oder sonst wie stören würde. Mit anderen Worten, ich hatte einen sauschweren Job vor mir, auch wenn mir das zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht klar war.
Ein gutes Rüstzeug für Eltern und Kinder
Hätte es damals Ana Hesses Buch Kind & Hund schon gegeben, wäre ich sicherlich besser auf die kommenden Situationen vorbereitet gewesen.
Wenn ich mit Kunden rede, höre ich sehr oft, dass ein Hund angeschafft werden soll, weil ihre Kinder lernen sollen, Verantwortung zu übernehmen. Das ist zuerst einmal ein gutes Motiv. Andererseits wird dieser Ansatz leider oft fehlinterpretiert. Denn man sollte Kindern diese Verantwortung nicht einfach aufbürden. Sie müssen lernen dürfen und diese Zeit sollten wir ihnen zugestehen. Ana Hesse beschreibt uns einen guten Weg, wie wir Erwachsenen diesen Prozess liebevoll begleiten können.
In die Verantwortung hinein wachsen
Kinder brauchen Hilfestellung von Jedem auf eine bestimmte Art und Weise. Und deshalb hat sich Ana Hesse wohl auch für die außergewöhnliche Gliederung ihres Buches entschieden. Es gibt einen Teil, der sich explizit an die Eltern richtet, einen Kinderteil und einen Teil, der fremde Hundehalter anspricht.
Alle in einem Boot
Was ich an diesem Buch besonders mag ist der Ton in dem es geschrieben wurde. Kein erhobener Zeigefinger, kein Verkünden einer allein gültigen Ideologie, man merkt, dass Ana Hesse sich nicht auf die Seite einer der beteiligten Gruppen schlägt. Sie will nicht gegen jemanden Stellung beziehen, sondern alle Mitwirkenden ins Boot holen, damit Kind und Hund das gemeinsame Leben genießen können. Es ist kein „Du-musst-dies-lassen-und-das-lassen-Ratgeber“, sondern ein Leitfaden der insbesondere auch den Kindern vermittelt: „Wenn ihr bereit seid auf ein paar Dinge zu achten, schafft Ihr das – locker“.
Mein Fazit zu diesem Buch ist, dass jede Familie mit Hund und Kind es im Regal stehen haben sollte. Ich kenne kein anderes Hundebuch, dass sich dem Thema Kind und Hund in dieser Ausführlichkeit und Tiefe widmet. Für mich auch ein heißer Tipp an die Züchter unter meinen Freunden. Schaut mal hinein in dieses Buch. Es wäre sicher eine gute Empfehlung für Welpenkäufer mit Kindern. Für mich ein Buch mit starkem Hang zum Standardwerk.
Kurzinterview mit Ana Hesse
Goodfellows: Wenn Du es könntest, was würdest Du an unserer Hundewelt sofort radikal ändern?
Ana Hesse: Eine radikale Änderung in der Hundewelt und damit für uns Hundetrainer gab es 2013, die dazu führte, dass die Kluft zwischen den einzelnen Methoden noch größer wurde, dabei haben alle ein Ziel: Mensch und Hund zu helfen und zu einem Team werden zu lassen. Wenn ich einen Zauberstab hätte, würde ich mir wünschen, dass das „Gezergel“ um die Methoden verpuffe.
Das Gezergel um Methoden sollte aufhören
Es gibt nicht nur schwarz oder weiß, sondern sehr viel grau in allen Schattierungen. Diese Schattierungen sollten wir Trainer kennen und können. Das bedeutet: radikal würde ich nichts ändern wollen. Ich würde mir aber wünschen, dass der Hund wieder mehr als Hund gesehen wird. Ein soziales Tier, aber ein Tier, dass mit uns lebt und in der Regel 42 Zähne hat, die durchaus verletzen können, wenn man es nicht „richtig macht“. Die Sachkundeprüfung in Niedersachsen als Zugangsbeschränkung für das Halten von Hunden finde ich gut. Viele Prüflinge sagen dies anschließend, auch, weil sie einfach einiges nicht gewusst hätten. Da es aber kaum Kontrollen gibt und die Prüfung mit Kosten verbunden ist, gibt es immer mehr unangemeldete Hunde. Da beißt sich die Katze bzw. das Hundegesetz leider in den Schwanz.
Goodfellows: Was betrachtest Du als Deinen größten Schatz?
Ana Hesse: Meine Familie und dazu gehören natürlich auch meine Hunde. Meine Familie ist meine größte Inspiration, Unterstützung und Halt. Meine Hunde, sind meine Lehrmeister und gleichzeitig meine „Heilung“. Klingt etwas esoterisch, ist aber so nicht gemeint. In stressigen Zeiten einfach mit den Hunden eine Runde durch Feld drehen und ihnen zuzusehen, mit ihnen Spaß zu haben und zu entspannen, ist „Heilung“ genug. Zudem ist die Kleine ein richtiger „Kasper“ und bringt uns alle oft zum Lachen.
Goodfellows: Was fasziniert Dich an dem Thema Kind & Hund besonders?
Ana Hesse: Jetzt kommt das Abgedroschene, was niemand hören möchte, aber was bestimmt bei den meisten „Hunde vernarrten“ einfach so ist. Ich war von klein auf verrückt nach Hunden. Mit sechs Jahren habe ich alles ausgeführt, was mir anvertraut wurde und damals hat sich darüber noch kaum einer einen Kopf gemacht. Passiert ist erstaunlicherweise auch nie etwas.
Meinen ersten eigenen Hund bekam ich erst mit 16 Jahren. Eigentlich viel zu spät, weil da die weiterführende Schule in einer anderen Stadt begann und anschließend die Ausbildung. Die Zeit fehlte entsprechend. Aber es war ein Hofhund und er war es gewohnt alleine zu sein, wir hatten ihn „gebraucht“ übernommen. Ein Bernhardiner.
Hunde machen sozial und emphatisch
Warum ich das so einleite? Kinder und Hunde können so sein tolles Team sein und ich finde, dass Kinder die mit Hunden (oder anderen Tieren) wertschätzend und liebevoll aufwachsen einfach einen Vorteil haben. Sie sind empathischer, sozialer, umsichtiger. Dazu gibt es ja inzwischen auch zahlreiche Studien. Warum ich einen Schwerpunkt bei „Kind und Hund“ habe, ist aber ganz anders gelagert. Mein Sohn wurde mit knapp 2 Jahren durch einen fremden Hund schlimm gebissen und entwickelte daraufhin eine panische Angst vor Hunden. Unsere alte Golden-Retrieverhündin war eine Ausnahme.
Was macht eine Hundenärrin, wenn das eigene Kind Angst vor Hunden hat
Als „Hunde vernarrte“ Mutter, war das ein großes Problem. Hilfe gab es keine, ich habe alle Hundeschule abtelefoniert und angefragt, wer ein Desensibilisierungsprogramm dazu hätte und ich wäre auch im Radius von 100 km gefahren. Niemand. Heute, 12 Jahre später, gibt es dies sogar zahlreich und darüber bin ich sehr froh! Als Aila vor 10 Jahren einzog, war schnell klar, dass sie diesen Job, „Kindern die Angst vor Hunden nehmen“, machen wird.
Präventionskurse gegen die Angst
So haben wir unzählige Präventionskurse gehabt und wir arbeiten mit Kindern, die von Hunden gebissen wurden und natürlich mit ihren Eltern. Da wir Hunden praktisch überall begegnen, ist es schwierig allen aus dem Weg zu gehen und Angst ist ein schlechter Begleiter. Wichtig ist mir, dass Kinder und Eltern die Signale und Körpersprache der Hunde kennen und auch einschätzen können, ob ein Hund unter Kontrolle beim Halter ist oder ob man sich langsam und unaufgeregt in eine andere Richtung bewegen sollte. Zudem ist mir die Hundeschule wichtig, denn hier kann ich Hundehalter dazu anleiten, entsprechende Rücksicht auf Kinder zu nehmen. In allen meinen Gruppen sind fast immer Kinder dabei, damit alle Hunde von Anfang an lernen, dass diese zur Umwelt dazu gehören und nicht gejagt werden.
Goodfellows: Was ist Freiheit für Dich?
Ana Hesse: Freiheit bedeutet für mich, selbständig Dinge entscheiden zu können, die mir wichtig sind. Freiheit beginnt im Kopf.
Goodfellows: Vollende bitte diesen Satz: Ohne Hund möchte ich nicht leben weil…
Ana Hesse: … es einfach keinen Sinn macht.
Wer ist Ana Hesse
Ana Hesse ist seit 2013 selbständige Hundetrainerin in ihrer Hundeschule Kids & Dogs Schaumburg und seit 2014 durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein zertifiziert und damit auch für Niedersachsen berechtigt, die Sachkunde nach dem NHundG – dem Niedersächsischen Gesetz zum Halten von Hunden – abzunehmen.
Sie arbeitet tiergestützt mit Kindern, die Angst vor Hunden haben sowie mit Kindern, die durch Hunde verletzt wurden. Seit ihrer Jugend im Tierschutz engagiert, ist sie auch heute noch ehrenamtlich für diverse Organisationen tätig. Kinder und Hunde liegen ihr gleichermaßen am Herzen, denn aus ihrer Sicht verdienen beide jeden Schutz, den sie erhalten können.
Kind & Hund
Mit Vertrauen und Respekt Durchs Leben
Autor: Ana Hesse
Verlag: KIDS & DOGS PUBLISHING; Hesse, Ana
ISBN: 978 3000 614996
Preis: 9,95 Euro
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Das Thema Kind und Hund wird von verschiedensten Seiten aus betrachtet – so geht es um Rasseauswahl, grundsätzliche Überlegungen vor der Anschaffung eines Hundes, rechtliche Themen, Gesundheit und Hygiene, Umgang mit dem eigenen Hund, Kind und Hund alleine unterwegs, Kontakt zu Fremdhunden usw. . Auf die Unfallprävention wird großen Wert gelegt – wichtig!
Gut gefallen mir die extra Teile für die verschiedenen Beteiligten: Eltern, Kinder, Hundehalter.
Alles Wissen ist kompakt zusammen gefasst und leicht verständlich. Prima!