Assistenzhund – Bitte nicht stören!
Ich freue mich sehr, dass ich Euch heute einen Gastbeitrag meiner österreichischen Bloggerkollegin Laura Gentile präsentieren darf. Ich lese Lauras Blog Pfötchentraining.com schon seit einiger Zeit regelmäßig, weil mich ihre und Lychees besondere Geschichte fasziniert hat. Laura lebt mit der kleinen Zwergpudeldame Lychee zusammen und hat sie zu einem staatlich zertifizierten Assistenzhund ausgebildet.
Die Zwei haben gerade ihre staatliche Prüfung bestanden. Ich gratuliere Euch von Herzen, liebe Laura!
Zwischen den beiden besteht nicht nur ein inniges Verhältnis, wie wir es von uns und unseren Hunden kennen – die Zwei haben auch eine Arbeitsbeziehung. Als Assistenzhund trägt Lychee eine große Verantwortung und die Anforderungen, die an sie als Hund und Gefährtin gestellt werden, sind um ein Vielfaches höher als bei unseren Hunden. Deshalb braucht es auch ein wenig mehr Rücksichtnahme von anderen, damit ihre Arbeit nicht gestört wird. Laura erzählt Euch nun ein wenig über ihren und Lychees gemeinsamen Weg.
Respekt für einen kleinen Zwergpudel und sein Frauchen
Wir sind Laura und Lychee vom Blog Pfötchentraining.com. Mein Hund Lychee ist nicht irgendein Zwergpudel wie andere Begleithunde, sondern sie ist ein staatlich zertifizierter Assistenzhund. Seit sie 9 Wochen alt war, lebt Lychee bei mir. Ich bin aufgrund einer Muskelschwäche auf den Rollstuhl angewiesen und benötige deshalb Hilfe im Alltag.
Nachdem ich mit Tieren aufgewachsen bin, unter anderem auch mit Hunden, stand eigentlich schon sehr früh fest, dass auch bei mir im eigenen Haushalt mal ein Hund einziehen sollte. Die Idee, dass dieser Hund mich auch in meinem Alltag unterstützen sollte, reifte erst während ich auf der Suche nach dem passenden Hund war.
Lychee zog ein. Sie durfte sich erst in Ruhe eingewöhnen und ich legte mein Augenmerk auf ihre Sozialisation. Lychee durfte als Welpe und Junghund, also bis sie zirka 12 Monate alt war, nicht springen. Auf die Länge der Gehzeiten haben wir auch sehr geachtet. Wenn wir länger unterwegs waren, habe ich sie anfangs einfach getragen. So konnte sie von einem sicheren Ort aus – meinem Schoß – alles beobachten.
Die Ausbildung eines Assistenzhundes dauert lange und braucht sehr viel Einfühlungsvermögen
Als nächstes haben wir Grundkommandos gelernt. Im Alter von sechs Monaten begann das Training der ersten Assistenzaufgaben. Wobei man sagen muss, Lychee hatte schon vorher Interesse mir beim Ausziehen zu helfen und sie hat schon vorher sehr gerne apportiert. Also hat sie zuerst einmal gelernt, diverse Gegenstände in den Mund zu nehmen – Metall ist für viele Hunde ganz unangenehm – und mir diese Gegenstände dann zu bringen.
Dann haben wir daran gearbeitet, dass Lychee mir beim Ausziehen der Socken und meiner Jacke hilft. Bevor wir anfangen konnten, mit Lychee zu trainieren wie man Schubladen öffnet und schließt, musste Lychee einige Untersuchungen über sich ergehen lassen. Wir mussten sicher gehen, dass die Arbeit Lychee nicht schaden kann. Röntgenchecks, die Herz-Ultraschalluntersuchung, Augenuntersuchung, das Blutbild und auch die allgemeine Untersuchung fielen zu unserer Zufriedenheit aus. Wir legten uns einen Trainingslichtschalter zu, den Lychee auf Kommando betätigen sollte. Vielleicht brauchten wir ihn später ja noch einmal.
Neben all den Aufgaben, die ich bewusst mit ihr gelernt habe, hat Lychee auch einiges von alleine gelernt: mich zu wecken, wenn ich zu schlecht atme oder mich frühzeitig zu warnen, wenn eine Panikattacke im Anmarsch ist. Bei all dem Training wurden wir einmal die Woche von unserer Hundetrainerin begleitet. Übrigens, als Lychee fünf Monate alt war, haben wir die Trainerin gewechselt. Also wenn ihr Euch nicht wohlfühlt, hört bitte auf Euer Bauchgefühl.
Neben all den Aufgaben ist es aber auch besonders wichtig, dass ein Assistenzhund lernt, sich überall brav zu verhalten. Egal ob öffentliche Verkehrsmittel, Lebensmittelgeschäfte, Shoppingcenter, Messen oder in Arztpraxen, ein Assistenzhund hat spezielle Zutrittsrechte, deshalb sollte er sich überall benehmen können.
Lychee ist ein Arbeitshund, sie muss immer hochkonzentriert sein – also darf man sie bei der Arbeit nicht stören
Ein Problem, dass wir Halter von Assistenzhunden haben, sind andere Menschen, die Hunde zwar süss finden aber nicht respektieren, dass unsere Hunde einen Job haben. Vielleicht ist bei kleinen Hunden wie Lychee, der „Süss-Faktor“ noch mal größer, glauben wir aber nicht. Das ist aber auch egal, denn ob kleiner oder großer Assistenzhund – diese Hunde darf man nicht von ihrer Arbeit ablenken!
Ich vergleiche das immer gerne mit Rettungskräften, die von Gaffern bei einem Rettungseinsatz beeinträchtigt werden. Genauso ist das, wenn man einen Assistenzhund im Dienst anspricht oder lockt, mit anderen Geräuschen ablenkt, ihn unerlaubt füttert, ihm permanent in die Augen starrt oder ihn auch nur einfach anfasst.
Ein Assistenzhund ist ein Arbeitshund. Er gilt nach dem österreichischen Gesetz außerdem als Hilfsmittel, ähnlich einem Rollstuhl – natürlich einem mit Seele! Den lenkt man doch nicht von seiner Bestimmung ab. Einem Rollstuhl stellt man ja auch nicht absichtlich ein Bein. Lychee von ihrem Job abzulenken, könnte zum Beispiel dazu führen, dass sie mir in den Rollstuhl rennt. Das könnte bei uns beiden zu Verletzungen führen oder dazu dass sie mich nicht rechtzeitig vor einer Panikattacke schützen kann. Jeder Assistenzhund, Blindenführhund, Servicehund oder Signalhund hat andere Aufgaben. Keiner von ihnen sollte abgelenkt werden, denn das führt bei den jeweiligen Assistenzhundeteams zu unnötigem Stress. Deshalb lernen Assistenzhunde, Ablenkungen so gut es geht zu ignorieren. Allerdings ist keiner von Ihnen ein Roboter und für mich als Assistenz-Hundeführerin sind solche Ablenkungen auch der reinste Horror.
Ich habe Lychee selbst ausgebildet. Aber auch wenn wir die Prüfung nun bestanden haben, ist die Arbeit noch lange nicht vorbei! Kein Hund ist je fertig ausgebildet – egal ob man einen fremd ausgebildeten Assistenzhund bekommt oder diesen selbst ausbildet.