Läufigkeits-Report Teil 3 oder wie alles begann
Also wenn die süßeste Versuchung direkt um die nächste Häuserecke wohnt, ist es natürlich schwer für einen gestandenen Rüden. Da können einem schon einmal die Testosterone auf der Nase herumtanzen. Für mich als Frauchen, ist es auch nicht leicht und manchmal entwickele ich da eine Art Zwangsverhalten, welches die Sittenwächter der Illuminati gemäßigt aussehen lässt.
Dabei gab es mal eine Ära, ich nenne es das „Naive Zeitalter“, als ich mir über Hormone und Stehtage keine Gedanken machte. Das kann natürlich auch daran liegen, dass Finley und ich genug andere Baustellen zu beackern hatten. Möglicherweise haben alle seine anderen kleinen Unarten dazu geführt, dass ich tatsächlich glaubte „der will nur spielen“.
Mein Finley und ich hatten eine laaange und wirklich harte Pubertät zusammen. Wie sagt man so schön bei Jungens – er hat sich ausgetobt. Mein kleiner Rocker ist keiner Prügelei aus dem Weg gegangen und hat ein bisschen länger gebraucht als andere, bis er älteren Rüden den Respekt zollte, den sie verdient hatten. Bei Hündinnen, nun da sah es anders aus. Da wurde er butterzart, schon der kleinste Anraunzer ließ ihn zurückweichen. Da zeigte er dann, dass er auch charmant sein konnte. Kein Aufreiten, kein Herumgenerve, wenn die Mädels Schluss sagten, war eben Schluss!
Ich habe sie genossen, diese Momente. Zeigten sie mir doch, auch mein Haudegen war zu einem sozialen Miteinander fähig. Ich war stolz, dass er den Hündinnen nicht nachstellte. Und zugegeben, das Balzgehabe der anderen Jungen, betrachtete ich mit einer gehörigen Portion Schadenfreude…. *Augenzwinker *BinauchnureinMensch
Bis dann … ja, irgendwie alles anders wurde. Wie es sich für Finley und mich gehörte, kam die Änderung nicht langsam und schleichend, sondern mit einem gehörigen Knall! Wir gingen spazieren auf dem örtlichen Wanderweg. Finley schnüffelte den Knick ab, ich konzentrierte mich gerade auf mein Handy (böser Fehler) und las den Text einer E-Mail. Von hinten radelte mit hohem Tempo ein Hundehalter mit seiner Doodle-Hündin heran. Im Gegensatz zu mir hatte Finley die zwei schon früh bemerkt. Er tat was wir tagein, tagaus geübt hatten. Er kam zu mir, setzte sich neben mich und schaute mich artig an – vorerst… Ich sah ihn erstaunt an, dachte „Mensch das läuft ja toll“ und war sehr zufrieden mit meinem Racker – vorerst.
Was ich nicht wusste und der Radfahrer mir auch nicht mitteilte, die Hündin war läufig, aber sowas von stramm. Mit einem kurzen Seitenblick auf Finley, spurtete sie an uns vorbei und setzte dabei offensichtlich eine riesige Menge Pheromone ab. Finley inhalierte die Wolke tief ein und gab ein zufriedenes Grunzen von sich.
Er warf mir einen Blick zu, dessen Ausdruck innerhalb einer Nanosekunde von Verwunderung, über „Ich-bin-hin-und-hergerisssen“ zu „Uhuuund-Tschüss“ wechselte. Dann – Kickstart. Mein liebestoller, etwa 32 Kilogramm schwerer Rüde brauchte keine Sekunde, um gefühlte 80 Kilopond Zug auf unsere Schleppleine zu bringen.
Und ich? Ich tat natürlich das Falsche. Ich hielt die Leine fest. Weil mein linker Fuß auf der Schleppe stand, wurde ich augenblicklich ausgehebelt und in die Luft geschleudert. Als mein Körper die Waagerechte erreicht hatte, fand mein Höhenflug ein abruptes Ende und ich knallte mit Rücken und Kopf auf den Wanderweg. Nein, nicht den weichen Teil des Weges, sondern auf den mit den Kieseln. Ab da – Vogelgezwitscher, Glühwürmchenlicht und Walzerklänge ….
Was danach passierte, ist Legende. Ich habe es mir von meiner Freundin Suse, die gerade den Weg entlang joggte, erzählen lassen. Also es gab einen ordentlichen Rumms, ein mittelschweres Beben folgte. Mein Hund war weg und ich eben auch, also jedenfalls geistig. Sie habe sich dann neben mich gehockt und meine Wangen getätschelt. Ich hätte dann die Augen geöffnet und „ziemlich blöd“ geguckt. *DankefürdieBlumen Sie habe mich dann gefragt, ob sie etwas für mich tun könne. Ich hätte geantwortet: „Nee, is schön so.“ Weil das aber ein wenig verwaschen klang, habe sie vorsichtshalber meinen Mann angerufen, damit er mich abholen kommt. Ich gestehe freimütig, ich kann mich an überhaupt nichts von dem erinnern. Auch die folgenden Ereignisse: Wie der Radfahrer meinen Hund zurückbrachte, mein Mann vorfuhr und uns beide einlud, die Fahrt ins Krankenhaus, das Gekicher der Ärzte und Schwestern als sie hörten, was passiert ist – alles schemenhaft.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass mir Finleys erstes Liebesabenteuer eine schwere Gehirnerschütterung und vier Wochen Bettruhe eingebracht hatten. Und natürlich ein paar wertvolle Erkenntnisse wie, gegen eine läufige Hündin kann ich nicht anstinken, gute Freunde sind unersetzbar, Ehemänner und Kopfschmerztabletten auch….
Und wenn Ihr euch jetzt fragt, ob ich manchmal einen anderen Hund gewünscht hätte als Finley, antworte ich mit Inbrunst:
„Nee, is schön so….“