Neues zu meinem Buch
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Am 14. Dezember ist es wieder soweit, die neue HundeWelt liegt für Euch am Kiosk bereit. Die erste Ausgabe für das neue Jahr hält viele Überraschungen für Euch bereit. Dieses Mal lohnt es sich, besonders schnell zu sein, denn auf der Seite 7 gibt es unter den ersten 1000 Einsendern fünf Mal einen Schlemmerblock von Gutscheinbuch.de zu gewinnen.
Ich werfe für Euch einen humorvollen Blick auf das Leben mit meinem Hund und berichte dort über Alltagssituationen, die jeder Hundehalter schon irgendwie einmal erlebt hat oder aber erleben wird. Und zwar auch dann, wenn er heute noch nicht daran glauben kann, dass ihm mal so etwas passieren könnte.
Jede meiner Geschichten enthält das berühmte Quäntchen Wahrheit, einen Lösungsvorschlag, einen Paukenschlag, eine ordentliche Portion Selbstironie und manchmal auch etwas Versöhnliches.
Meine Kolumne findet ihr auf der Seite 10. Finley und ich haben inzwischen unsere Strategien entwickelt, wie wir den Silvesterstress umgehen können. Finley und ich berichten von Frau Nörgels Enkeln, bengalischen Feuern und der Rache eines Retrievers.
Die Texte in der HundeWelt findet Ihr so nicht auf meinem Blog, den ich natürlich nach Kräften weiter betreiben werde. Also, wenn Ihr meine Geschichten mögt, dann schaut doch mal hinein in das Magazin. Es wird sich lohnen, das kann ich versprechen – nicht nur wegen meiner Glosse …
Das Gute daran, einen Hund zu haben ist, dass es leichter wird neue Leute kennenzulernen. Wenn man nun nicht gerade auf versierte, gut informierte Hundeleute trifft, werden die Unterhaltungen mit oft ähnlichen, allgemeinen Redewendungen eingeleitet.
„Na, Du bist ja ein Süßer“, ist, wie ich finde, eine sehr nette Variante. Finley geht das runter wie Öl und ich freue mich, dass jemand der selber keinen Hund hat, meinen haarenden und manchmal eingeschmierten Retriever, trotz allem süß findet. Mir geht da das Herz auf und ich nehme mir gerne die Zeit und warte ab, bis die betreffenden Personen Finley ausgiebig gestreichelt haben.
Natürlich hören wir auch das berühmte „Ja-wo-isser-denn“ ganz häufig. Da sitzt das Tier einen Meter entfernt vor der Person und sie fragt, beim Runterbeugen, den Blick auf meinen Finley geheftet, wo er den nun sei. Ich bin da tolerant, Finley auch, sie meinen es ja nicht böse, sie wollen ja nur spielen.
Manchmal ist es aber zum Mäusemelken. Neulich ging ich mit Finley in unser Dorf. Wir flanierten, wie meine Omi es formuliert hätte, von Schaufenster zu Schaufenster. Irgendwann, ich hatte es nicht kommen sehen, stand plötzlich meine persönliche Vorstadt-Nemesis Frau Nörgel neben mir. Sie hatte Verstärkung dabei. Die Entourage war eingehüllt in eine Wolke von Lavendelduft und Patschulis.
Finley und ich waren augenblicklich umringt von drei weiteren Frauen um die siebzig, alle im Sonntagsstaat, neckische kleine Hüte auf dem Kopf, die Handtaschen Queen-Elisabeth-mäßig über ihre Unterarme gehängt. Soviel Alt-Damen-Power hatte schon etwas Einschüchterndes, wenn man bedenkt, dass sich sonst meist mein schützender Bonanza Zaun zwischen Nachbarin Nörgel und mir befand.
„Guten Tag Frau Nachbarin“, eröffnete Frau Nörgel das Scharmützel. Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte sie sich an ihr Gefolge und stellte mich auf ihre unnachahmliche Weise vor. „Das ist meine Nachbarin mit dem Bretterzaun … ihr wisst schon … und ihr, äh Hund.“ Die Damen nickten, musterten mich und schauten dann auf meinen Finley. Am liebsten hätte ich laut gerufen: „Tut ihm nichts, nehmt mich!“
Die Dame in Hellblau, den Blick immer noch auf Finley gerichtet, sagte dann mit nachdenklicher Stimme: „Was bist Du denn für einer?“ „Oh, das ist Finley“, antwortete ich rasch, in der Hoffnung, dass wir nun einfach weitergehen können. „Soso, Du bist ein Finley, aha, ahaaa…“, sagte die hellblaue Dame und dann weiter, „ein Finley welcher Rasse … haben wir denn überhaupt eine Rasse?“ Ist das nicht eigentlich sch….egal, dachte ich still, laut antwortete ich aber: „Er ist ein Golden Retriever.“
„Oh nein, das kann nicht sein“, mischte sich die Dame, links neben mir ein. Sie strich sich energisch eine blondierte Haarsträhne aus dem Gesicht und sah Finley prüfend an. Was nun entbrannte, war eine hitzige Diskussion über Fineys Rassezugehörigkeit, zwischen Frau Nörgel und ihren Freundinnen, die allesamt soviel Ahnung von Hunden hatten, wie ich vom Schiffsbau.
Die Halbsätze und Wordfetzen flogen so schnell hin und her, wie die kleinen, weißen Bälle im Finale einer Tischtennis Weltmeisterschaft.
(frei nach Helene Fischer)
Ich hatte absolut keine Chance mich in diese Unterhaltung einzumischen oder sie zu beenden. Meine Versuche es doch zu tun, muss man wohl als kläglich bezeichnen, aber letztlich zählt ja das Finale …
Hellblaue Dame: „Die Schwägerin meiner Tochter hatte mal so einen Hund. Das war ein Hovawart.“
Ich: „Nein, nein … die sind größer … “
Hellblaue Dame: „Der von der Schwägerin meiner Tochter nicht!“
Frau Nörgel: „Genau, ein Goldi hat viel helleres Fell. Bei uns um die Ecke wohnt einer, der ist fast weiß.“
Ich: „Das hat doch nichts zu sa…“
Finley hatte sich inzwischen hingelegt und bedachte mich mit einem Blick, der ganz klar sagte – sieh zu, wie du da wieder rauskommst. Ich kam aber gar nicht zum Nachdenken, denn die blondierte Dame hatte noch etwas hinzuzufügen: „Ob der überhaupt reinrassig ist? Mein Sohn sagt, heutzutage ist fast überall ein Pudel drinnen.“
Ich: „Doch, ist er … reinrassig, meine ich … ich habe das schriftlich … äh, eine Ahnentafel…“
Frau Nörgel: „Ach meine Liebe, Papier ist geduldig …“
Ich: „Vom Verein, ehrlich … ich … die Eltern kenn ich auch … tolle Hunde, alle Goldis …“
(frei nach Aladdin)
„Ach herrje“, rief die blondierte Dame, „machen sie sich doch nichts draus, wenn sie die richtigen Eltern nicht kennen.“
Im Schaufenster der örtlichen Parfümerie konnte ich beobachten, dass wirklich viele Passanten zu uns herüberschauen. Die Damen redeten ja nicht gerade leise. Ich drehte mich um und rief ein halbherziges, „Hahaha, wir reden über meinen Hund…“, über die Straße. Ich wäre am liebsten im Boden versunken. Ich sendete ein Stoßgebet zu meinem Schutzengel, aber der saß ja wieder kiffend auf seiner Regenbogenwolke.
(frei nach den Prinzen)
So langsam wurde es mir zu bunt, ich hatte schon Kopfschmerzen und mehr Parfüm konnte ich meinen Lungen nicht mehr zumuten. Weg, dachte ich, bloß weg. Ich gab mir einen Ruck, durchbrach den Kreis des Grauens, und schob mich und Finley aus der Lavendel-Patschulis-Wolke heraus. Dann holte ich tief, ganz tief Luft und sagte:
„Sie haben ja soooo recht! Sein Vater war ein HoviPudel und seine Mutter eine Main Coon Katze mit rotem Fell … irgendwo muss die Fellfarbe ja herkommen, nicht wahr? Übrigens die Katze hat einen Stammbaum. Ohhh, schon so spät … ich muss jetzt leider weiter … der Schwager meines Onkels, mütterlicherseits hat uns zum Geburtstag seiner Nichte, väterlicherseits eingeladen … es gibt leckere Pferdewurst vom Grill … natürlich nur von gekörten Tieren … sowas können wir uns ja nicht entgehen lassen …“
Ich wartete keine Antwort mehr ab und ging mit Finley so schnell es ging in Richtung unserer Reihenhaussiedlung. Im Weggehen hörte ich noch ein paar Wortfetzen: „Was hat sie denn … man hat nie ausgelernt … doch ein Hovawart …“
Expertinnen unter sich eben … da will ich gar nicht stören.
Wenn Ihr meine Nachbarin Frau Nörgel genauso gern mögt, wie ich, dann findet Ihr unter den folgenden Links weiteren Lesestoff. Einfach auf die Überschriften klicken und Ihr landet beim Artikel.
Booombangebang – Silvestergeschichten aus der Vorstadt
Danke Frau Nörgel oder wie Finley zu seinem Namen kam
Frau Nörgel, ein Blümchenpyjama und ein Fitnessguru
Manchmal gehen Finley und ich auch am Samstag ganz früh raus. Um 6.30 Uhr liegt unsere Siedlung noch im Tiefschlaf. Wenn wir dann schläfrig durch unseren Garten gehen, herrscht eine ganz ruhige, friedliche Stimmung. Das sonst eher leise Quietschen unserer Gartenpforte erscheint dann plötzlich störend laut.
Doch dieses Mal wurde die Stille von einem anderen Geräusch unterbrochen. „Aaaaahhhh….“, dröhnte es über den Bonanza-Zaun. Finley und ich zuckten zusammen. Das war nicht unsere Pforte gewesen, nein das Stöhnen kam eindeutig aus dem geöffneten Panoramafenster meiner Nachbarin Frau Nörgel. Die Gardinen waren zurückgezogen und die Laute, die in den jungfräulichen Morgenhimmel entwichen, hörten sich sehr gequält an.
Frau Nörgel, für diejenigen, die sie noch nicht kennen, ist meine Nachbarin und meine persönliche Vorstadt-Nemisis. Sie hat uns alle, insbesondere mich, unter Wind und ist sofort am Zaun, wenn ihrer Meinung nach, etwas aus dem Ruder läuft in unserer Siedlung. Dabei ist es ihr total gleichgültig, ob sie die Geschehnisse etwas angehen oder nicht. Weitere Geschichten, in denen Frau Nörgel eine Rolle spielt, findet ihr am Ende dieses Artikels.
Doch zurück zum Samstagmorgen. Finley tappelte unruhig auf seinen Pfoten hin und her. „Fiiiebwer, Seufzwas, Grummelwohin, sollichhelfennnn …“, schnaubte er verwirrt. Er überlegte wohl kurz, ob er versuchen sollte, mit einem großen Satz durch Frau Nörgels Fenster zu springen. „Warte mal kurz, mein Dicker“, sagte ich, „ich schau mal nach, was da los ist.“ Langsam schlich ich mich an das nörgelsche Panoramafenster heran und wagte einen scheuen Blick ins Wohnzimmer.
Wow! Was ich dort erblickte, machte mich sprachlos. Ich hatte alle Mühe ein Kichern zu unterdrücken. Frau Nörgel kniete vor ihrem Fernseher und war in das Morgenprogramm eines Lokalsenders vertieft. Ich sah einen Mann in Boxershorts, Muscle Shirt, weißen Socken und Sportschuhen. Fokuhila-Frisur und Stirnband deuteten darauf hin, dass es sich um eine etwas ältere Sendung handelte. „Hacke, Spitze, Hacke, Spitze“, skandierte der Mann. Hinter ihm hüpften vier stark geschminkte, blond gelockte Damen in pinkfarbenen Sportklamotten auf und ab.
„Ja-das-soll-wehtun, das-soll-ziehen-und-brennen…“, feuerte Fokuhila-Joey seine Mädels und meine Frau Nörgel an. Offenbar war der Mann sadistisch veranlagt, anders konnte ich mir seine Worte nicht erklären. Wie wäre es denn mal mit, „hey, das soll Euch Spaß machen“ und „passt auf, dass Ihr nicht kollabiert“? Frau Nörgels Gesichtsfarbe hatte inzwischen ein strahlendes Pflaumenblau angenommen und auch bei den blonden Schönheiten im TV konnte das perfekte Achtziger-Jahre-Make Up nicht mehr darüber hinwegtäuschen, dass ihre Körper komplett übersäuert waren. Das alles kommentierte der gnadenlose Fitness-Frontman mit einem lapidaren: „Tja, meine Damen – von nichts kommt nichts.“
Immer zuerst an das Gute im Menschen glaubend, ging ich erst einmal davon aus, dass es sich hier tatsächlich nur um Frühsport handelte, so wie man das in den achtziger Jahren eben gemacht hatte. Jetzt erst bemerkte ich Frau Nörgels Outfit – einen hellblauen Blümchenpyjama, Model „Stretch 2006, Frühlingsfrische rund ums Jahr“.
Ich lehnte mich kurz an Frau Nörgels weiß gestrichene Hauswand atmete durch und versuchte mit aller Kraft nicht los zu prusten. Aus dem Fenster drang psychedelische Musik. Es ging einfach nicht anders, ich musste noch einen Blick riskieren. Der Marquis de Sade der Fitnesswelt war offenbar am Ende seines Trainings angelangt. Er versuchte nun, den Puls seiner Probandinnen mit ein paar gezielten Atemübungen, wieder auf ein Normalmaß zurückzubringen. „Aaatmeeet in Eure Mitte, in den Bauch, durch die Beine, iiin Eure Füße hinein“, umschmeichelte seine Stimme die völlig ausgelaugten Frauen.
Frau Nörgel war hochkonzentriert, sog mit aller Kraft, Luft in Ihre Lungen hinein und wartete auf weitere Anweisungen vom Fokuhila-Joey. So aufgebläht, bemüht den eingeatmeten Sauerstoff, den Anweisungen gemäß in ihre Füße zu pumpen, stand sie da und wartete und wartete und wartete …
Ich fing langsam an mir Sorgen zu machen, meine Nachbarin wirkte nicht sehr entspannt, eher verkrampft.
Endlich hatte der Fitnessmensch ein Einsehen und erlöste die arme Frau, kurz bevor sie explodieren würde: „Jetzt klappen wir zusammen und stoßen die ganze Luft in unserem Körper nach draußen.“
Frau Nörgel, gehorchte ohne zu zögern. Blitzschnell kippte sie nach vorne. Dabei streckte sie ihren geblümten Allerwertesten in voller Pracht Richtung Panoramafenster. Obidience für Vorstadtrentner, bei dem Tempo war Frau Nögel sicherlich eine heiße Anwärterin auf den Meistertitel. Sie atmete schwer, stöhnte und seufzte herzzerreißend und wiederholte den ganzen Vorgang mehrere Male.
Finley stupst mich an: „Los sag‘ schon, was ist da los?“ Geduld war ja noch nie seine Stärke. „Also, Frau Nörgel steht im Blümchenpyjama vor dem Fernseher und streckt den Hintern zum Fenster raus“, fasste ich das Geschehen, nicht ganz detailgetreu, für meinen Rüden zusammen.
Finley verzog das Gesicht. Dann sagte er entrüstet: „Na die ist gut. Bei jedem Haufen, den ich in Sichtweite absetze, flippt sie total aus und jetzt streckt sie uns ihren Popo entgegen?“ Und weiter: „Das ist doch eindeutig unerwünschtes Verhalten, Birgit. Das sollten wir nicht positiv verstärken!“
Ich dachte kurz nach. Ich hätte jetzt leise abtreten können. Hätte ein paar Restbestände Empathie zusammenkratzen können und still wie ein Mäuschen in meinem Bau verschwinden und mein Blümchentrauma mit einem heißen Kaffee herunterspülen können. Tja, was soll ich sagen … es ging einfach nicht. Finley hatte es auf den Punkt gebracht. Nach allem, was wir mit Frau Nörgel schon erlebt hatten, war es da nicht unsere Verpflichtung, sie nicht einfach diesem Folterknecht der Aerobic-Szene zu überlassen? *Unschuldsaugenaufschlag
Leise, ganz leise habe ich mich zurück zu Frau Nörgels Panoramafenster geschlichen, ihren geblümten Hintern fest im Blick. Dann habe ich wirklich alles, was ich an Theatralik und Pathos in mir finden konnte, in meine Stimme gelegt und entsetzt gerufen: „Frau Nörgel, brauchen Sie Hilfe, ist ihnen schlecht? … Kann mir jemand helfen – Frau Nörgel ist zusammengeklappt! Mein Gott, Sie röcheln ja …“
Frau Nörgel schoss hoch wie ein vom Bogen geschossener Pfeil. Der Kopf dunkelrot angelaufen, die Mireille-Matthieu-Frisur derangiert, blickte sie sie mir panisch ins Gesicht. „Pssschhhhttt“, machte Frau Nörgel und ruderte dabei mit den Armen, „leise … nein alles … ich mache doch nur … also Frühsport mit dem WDR … das ist für die Fitness … trotzdem danke … äh, wie nett … ähäm, ja dann mache ich mal … ich war ohnehin fertig …“
„Na Gottseidank, dann ist ja alles gut“, sagte ich mit Unschuldsblick. Dann ließ ich meinen Blick zum Abschied noch einmal genüsslich über Frau Nörgels Blümchen-Alptraum gleiten und verabschiedete mich formvollendet.
(Frank Sinatra)
„Es gibt Samstage, die könnten nicht besser beginnen, was Finley“, sagte ich lächelnd zu meinem Dicken.
„Hihihiii … das kann man wohl sagen. Manchmal ist das Leben doch gerecht“, antwortete mein Schlingel und pieselte gegen Frau Nörgels Rhododendron. Dann gingen wir Zwei fröhlich in den Wald und atmeten ganz tief in unsere Mitte, in den Bauch, durch die Beine, in unsere Pfoten … äh, Füße hinein …
Wenn Ihr meine Nachbarin Frau Nörgel genauso gern mögt, wie ich, dann findet Ihr unter den folgenden Links weiteren Lesestoff. Einfach auf die Überschriften klicken und Ihr landet beim Artikel.
Booombangebang – Silvestergeschichten aus der Vorstadt
Danke Frau Nörgel oder wie Finley zu seinem Namen kam
Hach Silvester, es ist doch jedes Jahr wieder ein sehr ergreifender Moment, wenn ein Jahr zu Ende geht. Man fällt seinen Liebsten um den Hals, herzt und küsst sie, stößt mit einem erlesenen Tropfen an und wünscht Ihnen nur das Allerbeste für das neue Jahr. Und dann, kracht es!
Ich erzähle Euch mal wie das Fest der guten Vorsätze in der Regel bei uns in der Vorstadt abläuft. Raketen schießen in den Himmel. Kanonenböller und nervtötende Heuler schliddern über unsere Fußwege. Im Garten unserer Nachbarn haben die Zwillinge eine Pyro-Anlage aufgebaut, für die sie wahrscheinlich eine Genehmigung bei der NATO beantragen mussten. Eingerahmt von etwa 20 Bengalischen Feuern stehen da drei Goldregen-Sprühräder und blasen ihren goldenen Feuerstaub über unseren Zaun. In der Luft wabert der beißende Geruch von Schwarzpulver und Schwefel. Schönes neues Jahr dann auch für Euch, Ihr Knaller.
Spätestens in diesem Moment beginnt sie, die Teilung. Dann zieht sich ein Riss durch die Anwohnerschaft unseres Vorstadtringes. Da ist zum einen die große Gruppe der Ballermänner. Sie stehen mit Ihren Söhnen, denn bekloppte Traditionen müssen unbedingt weitergeben werden, vor den noch geschlossenen Supermarkttüren und warten ungeduldig darauf, dass sie ihre Einkaufswagen bis zum Rand mit Pyrotechnik füllen können. Geld spielt keine Rolle.
Auf der anderen Seite der nachbarschaftlichen Feuer-Demarkationslinie stehen wir Tierhalter, die Antiknaller. Wir sind gänzlich unbewaffnet. Alles was wir einsetzen können, ist unseren gesunden Menschenverstand und unsere Manpower. In seltener Eintracht, ungeachtet der Spezies mit der wir unser Leben teilen, sind wir uns in einem einig. Wir finden, es sollte möglich sein, dass wir unsere Tiere auch bei uns in der Vorstadt gut und sicher über den Jahreswechsel bekommen. Soll heißen, wir sind hier und bleiben hier! Eine temporäre Gebietsaufgabe, etwa ein Rückzug in Reetdach gedeckte Naturschutzgebiete, wird es in dieser Siedlung nicht geben!
Für Manchen von uns wäre so ein Rückzug auch nicht machbar. Jochen aus dem Haus Nr. 15b ist so ein Beispiel. Mein Nachbar ist Biologe. Er hat sehr viel Energie, Geld und Liebe in den Aufbau und Erhalt seines Teiches investiert. In diesem Teich hat sich über die Jahre allerlei heimisches Krötengetier angesiedelt. Seine eigentliche Leidenschaft, gehört aber den sechs schillernden Koi-Karpfen, die dieses Biotop ihr Zuhause nennen, sehr sensible und empfindliche Tiere.
Abstürzende Raketenhüllen und andere Outfallprodukte, die nachts in seinen Tümpel platschen, könnten bei den empfindlichen Kois durchaus einen Herzstillstand verursachen, sagt der Jochen. Also hat er ein Konstrukt aus Holzlatten und Plexiglas entworfen, dass jedes Jahr wie eine Poolabdeckung über den Teich gestülpt wird. Verrückt oder reine Notwehr, das liegt wohl im Auge des Betrachters.
Ich bin allerdings schon froh, dass ich meinen Hund einfach nur in den Arm nehmen muss, wenn die Knallerei losgeht.
Damit wären wir nun bei meiner persönlichen Nemesis gelandet. Meine Nachbarin Frau Nörgel gehört nämlich zur dritten Kategorie der Silvester-Heimsuchungen. Sie ist ein Swinger. Wenn sie mit ihren Freundinnen Silvester feiert, kann sie selbst gut auf das Geballere verzichten. Kommen aber die Enkel zu Besuch, dann sieht das anders aus. Die Jungs sollen sich ja amüsieren, am besten aber nicht in Ihrem Garten.
Fridolin und Frederick sind die Söhne von Frau Nörgels ältestem Sohn, den sie in Anlehnung an ihr Gaststudium in griechischer Mythologie, Horst Paris Nörgel genannt hatte. Ja, in Namensgebung ist diese Familie nicht zu schlagen. (Weiteres zu Frau Nörgels Namensfindungsstörungen findet ihr HIER) Doch zurück zu Silvester – also wenn die zwei Racker ihre Oma besuchen, heißt es in Deckung gehen. Und zwar schon kurz nach Weihnachten. Spaziergänge gestalten sich dann wie Patrouillen im Partisanengebiet. Zu jeder Zeit kann neben, vor oder hinter einem ein Kanonenschlag losdonnern.
Ich gebe zu, dass mein Nervenkostüm dann etwas dünner wird, wenn die Nörgel-Sprösslinge vor Ort sind. Meine Resilienz hängt ganz eng von Finleys Allgemeinzustand ab. Für meinen Hund ist jeder Jahreswechsel anders. Wir haben da gemeinsam, zwischen tiefenentspanntem Verschlafen, über wütendes Alles-was-sich-bewegt-wird-zusammengebellt, bis zum verängstigten In-die-Kissen-Kuscheln, alles schon erlebt.
Vor zwei Jahren war es ganz schlimm. Die ersten Böller detonierten schon am ersten Weihnachtstag und so ging es Tag für Tag weiter. Irgendwann bringt das den schussfestesten Rüden zum Einknicken. Am Silvestertag habe wir dann um 15.00 Uhr unsere letzte Pipirunde gemacht. Später noch mal in die freie Wildbahn zu gehen, wäre einfach zu gefährlich gewesen. Finley musste sich bis zum Morgen dann eben mit unserem Garten zufrieden geben. Ich dachte tatsächlich, dass ihm dort nichts passieren würde.
Was ich nicht bedacht hatte war, dass die Nörglersprößlinge Gartengrenzen nicht so ernst nahmen. Omas Geranien sollten geschont werden, also flogen die Böller auf unser Schuppendach und in unsere Rhododendren. Ich sah wie Finley sich quälte und sich immer wieder einen neuen Löseplatz aussuchen musste, weil er bei jedem Rumms zusammenfuhr. Immer wenn ich dachte, so jetzt aber , dann explodierte wieder ein Böller und mein Rüde praktizierte den Pupsus interruptus, begleitet von Fridolins und Fredericks Gejohle.
Schließlich hatte ich genug.
Ich sprach die Jungen an: „Sagt mal ihr Zwei, könntet Ihr nicht auch mal woanders knallen? Außer in unseren Garten, kann unser Hund nirgendwo gefahrlos hin und das Geballere macht ihm Angst.“
Fridolin guckte nicht mal hoch und Frederick sagte: „Meine Oma hat uns das erlaubt.“
Meine Stimme wurde schneidend: „Eure Oma hat in meinem Garten gar nichts zu melden. Ab sofort kriegt Ihr Euer Zeugs von mir zurück.“
Daraufhin ging ich in meinen Garten zurück, schnappte mir meine Plattschaufel und brachte mich in Stellung. Ich hörte ein Zischen und ein Aufheulen und da kam er schon geflogen der nächste Nörgel-Heuler. Ich holte aus, visierte den Böller an und schlug ihn mit der Schaufel, in hohem Bogen über unseren Bonanzazaun, Richtung Nörgel Haushalt. Das war Maßarbeit gewesen, denn der Feuerwerkskörper explodierte noch in der Luft, direkt vor Frau Nörgels Wohnzimmerfenster und brachte ihre heißgeliebte Panoramascheibe zum Erzittern. Ich hatte unser Vorstadtböller-Wimbledon eröffnet … Beckerfaust!!!
Zugegeben, auf Beobachter muss die Szenerie echt schräg gewirkt haben. Eine etwas pummelige, in einen Glitzerpullover gekleidete Frau stand, eine Plattschaufel in den Händen, vor ihrem kackenden Rüden und wehrte Silvesterböller ab. Das wirkte alles andere als souverän. Aber hey, hatte ich denn eine andere Wahl? Außerdem hatten wir eine klasse Vorhand, meine Schaufel und ich!
Frau Nörgel kam daraufhin aus ihrem Haus gestürzt und wollte sich doch tatsächlich beschweren. Wutschnaubend lief sie auf meinen Zaun zu. Dann sah sie mich, die Plattschaufel im Anschlag und besann sich sofort eines Besseren. Bevor sie und die jüngste Nörgel-Generation wieder hinter ihrer Haustür verschwanden, schnappte ich noch ein paar Wortfetzen auf: „Die soll sich mal nicht so anstellen … gemeingefährlich … Spaßverderberin … äh, besser nicht euren Eltern erzählen…“
Na ja ich muss schon zugeben, so ganz unrecht hatte meine Nachbarin ja nicht mit ihrem Gemurmel. Trotzdem, für Finley und mich war dieser Nörgelsche Protestgesang, gleichbedeutend mit einem Turniergewinn.
Spiel – Satz und Sieg!
Frau Nörgel und ich hatten ein paar Tage später ein klärendes Gespräch. Ich erklärte ihr, wie belastend Silvester für uns Hundehalter sein kann. Nachdem das obligatorische „Sie wissen ja wie Kinder so sind“ kam, bot ich Ihr an, mal ein Gespräch mit Horst Paris über die mangelnde Fähigkeit seiner Söhne zuzuhören zu führen. Daran hatte Frau Nörgel aber ganz offensichtlich kein Interesse. Sie bot mir an, mir die Jungen rüberzuschicken, damit sie meinen Garten aufräumen und ich fand, dass das ein guter Anfang sei. Finley hat den Beiden dabei geholfen und ganz offensichtlich mochten die Jungen meinen Hund. Seitdem haben sie Silvester nie wieder Feuerwerkskörper in unseren Garten geworfen.
Vielleicht gefällt Euch ja auch Finleys andere Silvestergeschichte. Lest mal HIER nach.
Viele von Euch kennen ja schon Frau Nörgel, eine meiner „liebsten“ Nachbarinnen.
Für Nichteingeweihte, kommen hier ein Ultra-Kurzportrait: Meine Nachbarin, Frau Nörgel ist eine Frau in den blühenden Siebzigern. Das drahtige Persönchen ist etwa 1,60 groß. Ihre pechschwarz gefärbten Haare, trägt sie als schicke Ponyfrisur. Wenn sie redet, wirft sie ihren Haarkranz keck nach hinten und erinnert mich dabei ein wenig an die Sängerin Mireille Matthieu – den Spatz von Avignon. Frau Nörgel weiß wirklich alles, was in unserer Siedlung so passiert. Und was sie nicht weiß, erfindet sie…
Frau Nörgel hasst Veränderungen. Insbesondere Veränderungen im Privatleben ihrer Nachbarn und auf deren Grundstücken. Zumindest kommt Frau Nörgel umgehend ihrer Chronistenpflicht nach und sorgt für eine schnelle Verbreitung der Breaking-News. In Nullkommanix, macht sie die Angelegenheiten ihrer Nachbarn zu ihrer Mission und bietet „Lösungen“ an, natürlich stark beeinflusst durch ihren persönlichen Geschmack.
Wie Frau Nörgel zu Hunden steht, also das ist gar nicht so leicht zu beschreiben. Ich würde das Verhältnis mal als zwiegespalten beschreiben. Irgendwie ganz niedlich, diese Felldingse, solange sie leise sind, keinen Schmutz machen … und nicht auf den Grünstreifen vor ihrem Panoramafenster kacken…. Mit anderen Worten, seit Finley bei uns eingezogen ist, haben wir unser Konfliktpotential vervielfacht.
Ich erinnere mich noch gut an unsere erste Hunde-Begegnung. Frau Nörgel kam gemessenen Schrittes an meinen Bonanza-Zaun und fragte: „Wie heißt er denn?“ Das tat sie recht freudlos, ohne ihren starren Blick von dem Haufen abzuwenden, den mein Welpe gerade auf dem Grünstreifen vor ihrem Panoramafenster abgesetzt hatte …. upsi… Dann sah sie mich an und lächelte kalt. Ich hatte echt ein schlechtes Gewissen – Anfängerfehler!
Also, ich wurde rot bis unter die Haarwurzel und stotterte: „Ähmmm, ich mache das natürlich sofort weg, äh sauber …. klinisch rein, wollte ich sagen, bestimmt.“
Frau Nörgel setzt nach: „Und? Der Name…“
Ich antwortete: „Also da sind wir uns in der Familie noch nicht einig.“
„Wie, Sie haben sich nicht rechtzeitig um einen Namen gekümmert“, trötet Frau Nörgel durch den morgendlichen Nebel. Ich fühlte mich augenblicklich wie eine Mutter, die ihr Kind sträflich vernachlässigt hatte. Und bevor sie hinter ihrer Hecke verschwand, sagte sie: “Na, WIR werden schon den richtigen Namen für den Kleinen finden. Ich denke mal drüber nach.“
WIR? Habe ich richtig gehört? Ich stand kurz vor einer Panikattacke. Frau Nörgel hatte ihre Söhne nämlich Horst Paris Nörgel und Jochen Hermes Nörgel genannt. Griechische Halbgötter als Paten für die Zweitnamen, das nenne ich mal ein Alleinstellungsmerkmal. Stellt Euch das mal auf Bewerbungsschreiben vor. Meine Fantasie schoss wilde Purzelbäume. Vor meinem inneren Auge sah ich mich, wie ich, gefangen in einer Endlosschleife, kleinlaut an Frau Nörgels Haustür klingelte und immer wieder zugeben musste, dass mein Kleiner namenlos war und Frau Nörgel gegen meinen Willen beschloss, das der Kleine Zeus heißen solle… Nein, das durfte nicht passieren!
„Wir haben schon einige Namen, die in die engere Wahl kommen“, beeilte ich mich zu sagen. Was gelogen war, aber in der Not… Die Wahrheit war, wir kamen interfamiliär einfach nicht auf einen Nenner. Woran misst man das eigentlich, ob ein Name der Richtige für seinen eigenen Hund ist?
Dass sich die Namensfindung für unseren Hund, so schwierig gestalten könnte und dass plötzlich alle Familienmitglieder ein Wörtchen mitreden wollten, hatte ich nicht erwartet. Meine Familie, versorgte mich üblicherweise mit Bemerkungen wie: „der Hund ist Dein Ding“, „nur, wenn Du das alleine machst“, „also ich geh’ nicht mit dem Hund, Mama“, „Birgit, das ist Dein Hobby, nicht meines“. Plötzlich, so ganz aus dem Nichts, mischten sich alle massiv ein.
Ich war damals voll auf dem Bullerbü-Trip. Ein Hund in unserer Familie, das komplettierte das Wattebausch-Bild, dass ich vor meinem inneren Auge entstehen ließ. Wenn nicht alle dagegen gewesen wären, hätte Finley gute Chancen gehabt, den Namen eines dicken, lethargischen Bernhardiners zu bekommen. Heute muss ich ja zugeben, dass Filme wie „Ferien auf Saltkrokan“ nicht unbedingt die besten Influencer bei der Namensfindung sind. Sonst würde mein Hund heute Bootsmann heißen und meine zweite Tochter Scrollan. Für beides – O-Ton, zweite Tochter – hätte ich „gehauen gehört und wäre wahrscheinlich eines Nachts auf nimmer Wiedersehen im Wald verschwunden.“
Dann dachte ich, Mensch, er ist doch’n Hamburger Jung’, der braucht was typisch Hamburgisches. Also ließ ich meine Seele baumeln. Wir schlenderten durch den Hamburger Hafen, über die Kais an den Schiffen vorbei. Dann lief ich mit meinem Hund am Elbestrand entlang. Wir ließen uns den Wind um die Ohren wehen und sahen den Bugwellen der Dampfer zu, wie sie am Sandstrand brachen. Smutje und Fiete kamen auf die Liste. Diese Vorschläge lösten orkanartige Böen in meiner Paarbeziehung aus. Hatte ich schon erwähnt, dass mein Liebster Österreicher ist?
O-Ton mein Angetrauter: „Also, ICH stehe bestimmt nicht auf dem Weg und brülle laut Fiete in den Wald. Dann machst Du das alleine.“ Da ich zu den vorausschauend denkenden Planern gehöre, überschlug ich kurz meine Optionen. Der Hund, hat zirka 15 Lebensjahre im DNA-Code. Und das allein, jeden Tag? Ne, die Aussicht war alles andere als prickelnd. Also kamen die plattdeutschen Namen wieder runter von der Liste.
Also, ich fasse mal zusammen: Ich musste einen Namen finden der 1. österreich-kompatibel war, 2. meine Tochter nicht dazu veranlasste, mich hinterrücks zu meucheln, 3. keine Bullerbü-Bezüge aufwies und zu guter Letzt 4. auch mir gefallen musste. Puhhhh!!!
Punkt Zwei und Drei waren relativ leicht einzuhalten – Pelle, Kalle, Lasse – alles gestorben. Deal! Aber für Punkt Eins und Vier brauchten wir eine Titulierung aus der neutralen „Namens-Schweiz“. Probleme sind dazu da, gelöst zu werden – generalstabsmäßig. Deshalb starben auch Seppi, Seppl, und Michel. *gottseidank
England oder Schottland, dachte ich … ja, das könnte klappen und es würde auch irgendwie zu unserem, schon im Welpenalter etwas schrulligen Rüden passen. Also dachte ich an alte Leards, die Highlands in denen ich als Teenager für kurze Zeit gelebt hatte, Tea at five und Rugby….
Fen, das heißt Moor. Oder Fergus, der Mann der Kraft. Finnegan, leider irisch … Finley, der „kleine, blonde, tapfere Krieger“. Ja, ich fühlte, das passte auf meinen renitenten, süßen Fratz. Mein Herz wurde leicht, ich war glücklich.
Da meldete sich meine liebe Nachbarin nochmal aus dem Off: „Wie wäre es mit Ramses?“. Sie lugte erwartungsvoll über ihre Hecke. Ääägypten? Okay, ich wusste es schon zu schätzen, dass Frau Nörgel den Namen eines der größten Herrscher des altägyptischen Reiches für meinen Finley für angemessen hielt und das sagte ich ihr auch. Dann teilte ich ihr freudestrahlend mit, dass wir uns für „Finley“ entschieden hatten. Sie guckte etwas konsterniert, murmelte im Weggehen etwas vor sich hin. Ich verstand nur einzelne Wortfetzen: „…ja, ganz nett…“, „…beliebiger Name aus dem Fußvolk…“, „…könnte heißen wie ein König…“ und „…jeder eben wie er kann…“.
Genau, dachte ich und grinste. Jeder eben wie er mag… *kichergurgelprust … Jochen Hermes …. Horst Paris … Agnes Nörgel, was hast Du nur getan…
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