Das Grab am Havre
Kriminalroman von Barbara Homolka
Für mich als Leserin ist ein Buch ein gutes Buch, wenn es beim Lesen spürbar ist, dass die Autorin ihr Herzblut hineingegeben hat. Das spürt man in diesem Buch von der ersten, bis zur letzten Zeile. Darüber hinaus gelingt es Barbara Homolka scheinbar schwerelos, mich in ihre Geschichte hineinzuziehen. Sie nimmt mich mit auf eine Reise, die ich so nicht erwartet hatte.
Brigitte, die Protagonistin des Buches, ist eine verheiratete Frau in den besten Jahren. Sie steht mit beiden Beinen im Leben, ist gesettelt, erfolgreich und fragt sich nun, ob das alles in ihrem Leben gewesen sein soll. Kurzerhand packt sie Hund, Katze und Klamotten in einen VW-Bus und macht sich auf den Weg in die Normandie auf die Suche nach einem besseren Leben. Was als eine spirituelle Reise ins eigene Ich begann, wird, als ihr Border Collie Belmondo eine Leiche ausgräbt, zu einem kriminalistischen Abenteuer.
Bei der Leiche werden geheimnisvolle Aufzeichnungen in deutscher Sprache gefunden. Die Polizei in Frankreich tut sich schwer, die gefundenen Notizen zu entschlüsseln. Also tut Brigitte sich mit der normannischen Schäferin Camille und dem deutschen Geologen Friedrich zusammen und versucht herauszufinden, wer der geheimnisvolle Tote war.
Barbara Homolkas Krimi ist nicht reißerisch. Es ist nicht die Action, die mich dazu brachte in ihre Geschichte einzutauchen, es ist die unterschwellige Spannung, die die Autorin von Seite eins bis zur letzten Seite aufrechterhält. Ihre Protagonisten sind komplexe, interessante Charaktere, tiefgründig beschrieben, fast Menschen aus Fleisch und Blut. Sie beschreibt die normannische Landschaft so detailiert und bildhaft, dass man glaubt, man hört das Meer rauschen. Sie erzählt vom Leben in der Normandie und von den kulinarischen Versuchungen, dort offenbar an jeder Häuserecke auf uns warten. Nahezu schwerelos baut Barbara Homolka, Ereignisse aus unserer jüngsten Geschichte, in ihren Plot ein. Sie lässt ihre Protagonisten in Archiven wühlen, alte Familiengeheimnisse aufdecken, ohne dass ihre Geschichte dadurch verstaubt wirkt.
Das Buch ist gute Unterhaltung, spannend und irgendwie auch lehrreich. Ich kann es wärmstens empfehlen. Ihr bekommt „Das Grab am Havre“ natürlich direkt beim Piper Verlag und überall, wo es Bücher zu kaufen gibt.
Wenn ihr noch mehr über die Autorin und die Normandie erfahren möchtet, schaut euch doch das Interview an, dass ich mit ihr geführt habe oder besucht Barbara Homolka auf ihren Websites „Chien Normandie“.
Interview mit Barbara Homolka
Goodfellows: Liebe Barbara, du bist mit deiner Familie in die Normandie ausgewandert. Was ist es, dass du so an der Normandie liebst?
Barbara Homolka: So ziemlich alles. Zum einen die Landschaft, die Kultur, die Lebensart, das gute Essen, die Seeluft… und dass meine Hunde am Strand rennen können und (fast) überall willkommen sind. Und zum anderen vor allem die Menschen. Also: das Gesamtpaket.
Goodfellows: War es die Normandie schlechthin, die dich zu deinem Kriminalroman inspiriert hat, oder gab es ein auslösendes Ereignis?
Barbara Homolka: Mit dem Krimi bin ich schon vor unserem Umzug in die Normandie „schwanger gegangen“. Einen bestimmten Auslöser gab es da nicht, aber der Havre, der ja eine wichtige Rolle im Krimi spielt, der liegt tatsächlich direkt vor unserer Haustür. Das ist ein ziemlich wildes Stück Land, in dem du prima eine Leiche verschwinden lassen kannst. Bei jedem morgendlichen Gassi ist diese Landschaft der Soundtrack für das anschließende Schreiben gewesen. Als Inspiration diente auch das tägliche Geschehen im näheren Umkreis. Ganz viel, was in „Das Grab am Havre“ passiert, habe ich mir nicht ausgedacht, ich habe die einzelnen Puzzleteile nur zu einer Geschichte verwoben.
Goodfellows: Was bedeutet das Wort Freiheit für dich?
Barbara Homolka: So für mich ganz persönlich: Den Tag nach meinem Gusto gestalten zu können. Ich arbeite jetzt doppelt so viel für weniger als das halbe Geld wie zu Zeiten, da ich angestellt war, aber spontan morgens alle Tagespläne über den Haufen werfen zu können, weil das Wetter schön ist oder sich lieber Besuch angekündigt hat, ist ein wahnsinniges Geschenk. Das kann man mit Geld gar nicht aufwiegen.
Auf der gesellschaftlichen Seite finde ich das Wort „Freiheit“ mittlerweile zu oft von denen missbraucht, die mit Freiheit so gar nicht am Hut haben. Und auch nicht mit Werten wie Gleichheit und Brüderlichkeit. Solidarität und Verantwortung sollten mit „Freiheit“ Hand in Hand gehen.
Goodfellows: Wie sieht bei dir ein typischer Tagesablauf aus?
Barbara Homolka: Aufstehen. Überleben. Ganz viel Kaffee. Noch mehr Kaffee bis zum Erreichen der Betriebstemperatur. Zigarette. Mit den Hunden laufen. Richtiges Frühstück, für die Wuffel und mich. Am Nachmittag Computerarbeit: Texte schreiben, für chienNormandie oder andere. Recherchearbeiten. Dann Abendrunde mit den Hunden, Abendessen und Feierabend. Wenn schönes Wetter ist, gerne in guter Gesellschaft auf unserer Terrasse.
Goodfellows: Du betreibst im Netz ja die Seite „ChienNormandie“. Wie findest du deine Geschichten und was muss eine Geschichte bieten, damit sie es in deinen Blog schafft?
Barbara Homolka: Es gibt noch so viel zu entdecken in der Normandie, die Geschichten springen mich täglich an. Mein Leben wird nicht reichen, um über alles zu schreiben, was erzählenswert ist. Von daher muss die Geschichte es schaffen, vom Stapel „hat noch Zeit“ auf den Desktop mit dem Vermerk „jetzt wird es aber Zeit!“ zu hüpfen. Letztendlich ist alles eine Frage meines Zeitbudgets, ob und wann ich etwas auf chienNormandie veröffentliche.
Zum anderen habe ich durchaus eine große Verantwortung: Gegenüber meiner Zielgruppe und für die Region, in der ich lebe. So wäge ich genau ab, ob das wohl für die Reisenden mit Hund interessant ist und ob es sinnvoll ist, diese Ecke der Normandie einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Ganz oft erscheint dann eben auf chienNormandie auch nichts zu einem Thema. Das gilt letztendlich auch für Bereiche, die nicht zu mir, meiner Philosophie und meiner Seite passen. Ich bleibe lieber authentisch, als jetzt unbedingt einen gesponserten Post zu veröffentlichen. Arm und sexy eben 🙂 .
Goodfellows: Bei jedem von uns geht mal etwas schief, man vergreift sich im Ton oder ist ungerecht zu anderen. Wie ist das bei dir, kannst du dir so etwas gut verzeihen? Und wie leicht/schwer geht dir eine Entschuldigung über die Lippen?
Barbara Homolka: Mir selber verzeihen kann ich in der Tat schwer, weil mir so etwas noch Tage nachgeht. Da wäre ich lieber wie meine Hunde: Einmal Stress abschütteln und weiter geht’s. Fehler eingestehen und mich entschuldigen klappt in der Regel gut, weil ich irgendwann gemerkt habe, dass das viel leichter ist, wenn man das direkt und sofort macht. Mit mir selbst hadern tu ich trotzdem.
Goodfellows: Welche Eigenschaften schätzt du an anderen Menschen und welche dürfen diese auf keinen Fall haben?
Barbara Homolka: Humor, Spontanität, Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit, Authentizität sind mir wichtig. Eigentlich ist meine Toleranzschwelle sehr hoch, allerdings merke ich, dass ich mit zunehmendem Alter Probleme mit Leuten entwickle, die sehr viel von anderen erwarten und nur wenig bereit sind, selbst etwas zu tun.
Goodfellows: Wertschätzung ist zurzeit in den Medien ein viel zitierter Begriff. Wie würdest du ihn definieren?
Barbara Homolka: Achtung und Respekt vor meinen Mitmenschen, meinen Mitgeschöpfen und meiner Mitwelt haben. Und vor allem: Die Dinge zu schätzen wissen, die uns oft nur allzu selbstverständlich erscheinen, und denen wir oftmals erst dann Wertschätzung entgegenbringen, wenn sie nicht mehr da sind. Also den Partner, (die eigene) Gesundheit, meine Hunde, das kleine Leben da vor der Tür. Wieder zu lernen, wie wichtig jedes einzelne dieser Teilchen im Leben ist, den Tag bewusster zu leben. Denn schließlich werden wir am Ende der Tage nicht bereuen, dass wir zu wenig Filme gestreamt, zu wenig Zeit im Netz und in den sozialen Medien zugebracht oder zu wenig den Tag mit Belanglosigkeiten zugeschüttet haben. Am Ende der Tage zählt die Zeit, die wir zusammen mit unseren Liebsten genossen haben.
Goodfellows: Ich würde gerne weitere Bücher von dir lesen. Hast du da schon Pläne, die du uns mitteilen könntest?
Barbara Homolka: Ich habe zwei weitere Romane in der Pipeline. Mit dem einen kämpfe und ringe ich, der andere liegt seit einigen Monaten auf dem Stapel „hat noch Zeit“. Also, wirklich Konkretes gibt es weder in dem einem, noch in dem anderen Fall.