Kotfrei für Hundehalter
Nachbarn sind doch was „Schönes“
„Siiiiiiie werden das Pupu (das hat sie wirklich gesagt) ihres Hundes doch wohl soooofoooort wegtun!!!!“ Ich schnelle hoch und sehe in das hochrot angelaufene Gesicht einer Endsiebzigerin. Sie wohnt in einer gepflegten Nebenstraße meines beschaulichen Vororts und lebt gerade ihr Lieblingshobby NR.2 aus – das Vorgarten-und-Gehweg-Harken. Lieblingshobby NR.1 ist offensichtlich das Vorbeigehende-Hundebesitzer-zu-Tode-Erschrecken.
Um einmal allen Spekulationen vorzugreifen. Ich hatte mich schon in Richtung Boden gebückt, die Gassitüte in der Hand und war kurz davor den Übelhaufen meines Hundes aus der Botanik zu entfernen. Ich habe es nämlich auch nicht gern, wenn mir andere vor die Haustür machen. Es gibt bei mir keine Jacken-, Hand- oder Leckerchentasche, keinen Rucksack der nicht mit Gassitüten ausgerüstet ist. Ich mache IMMER alles weg. ICH BIN EINE VON DEN GUTEN!
Frau Harkenschwenk – mit Vernunft nicht zu erreichen
Mein Hinweis an die Frau, dass ich ja gerade dabei gewesen war, den kapitalen Haufen meines Hundes einzutüten, wurde von ihr mit Stirnrunzeln und Zweifel im Blick beantwortet. Sie beobachtete mich bei dem unappetitlichen Vorgang mit Argusaugen. Als ich fertig war, zischte sie bedrohlich: „Die anderen auch noch.“
Verdutzt sah ich mich um und entdeckte etwa 30 Zentimeter Luftlinie weiter rechts zwei weitere Haufen, deren Verfallsdatum längst überschritten war. „Oh, das war aber gar nicht mein Hund“, klärte ich die Harken-Lady auf. „Egal, Hund ist Hund, die Schweinerei machen Sie weg“, schleuderte sie mir entgegen.
Eine wahnwitzige Vorstellung. Weil ich einen Hund besitze, habe ich die Pflicht, die Stadt kotfrei zu halten? „Hören Sie mal“, sage ich ruhig, „nur weil ich einen Hund habe, bin ich doch nicht für jeden herumliegenden Köttelhaufen verantwortlich.“ Und weiter: „Das wäre ja so, als müssten Sie alle Gärten dieser Straße sauber halten, nur weil Sie eine Harke besitzen.“ Bis hierhin alles gut. Dann geht meine Phantasie mit mir durch. Eigentlich doch eine lustige Vorstellung, denke ich.
„Proklamation:
Frau Hermine Harkenschwenk, wohnhaft in der xxxxreihe, Hausnummer 34, Hamburg Volksdorf, wird fortan die Vorgärten ihrer Nachbarn blattfrei halten. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Besitz einer türkisgrünen Doppelzackenharke, der Marke ‚Blattgold-Gnadenlos’…“
Versunken in meine Gedankenwelt musste ich kichern. Ich gebe zu, mein Verhalten war der Situation nicht angemessen. Dass Frau Harkenschwenk sich langsam, rückwärts gehend in ihren Vorgarten zurückzog um dann die schwere Eisenpforte zwischen uns zu schließen, hielt ich dann doch für übertrieben. Auf meine Frage, ob es noch etwas zu klären gäbe, schüttelte sie beflissen und wortlos ihren Kopf.
„Na denn“, rief ich fröhlich meine volle Gassitüte schwenkend, “ ’nen schönen Abend noch!“